Luca Schneider: “Wir sind Segler und wollen aufs Wasser.”

Mit seinem Teamkollegen segelt er auf der ganzen Welt. Doch die derzeitige Situation hält sie vom Wasser fern.

Vor Kurzem haben wir im Artikel Lukas Hesse: “Der finanzielle Aufwand im Segeln ist enorm. Ohne aktive Sponsorensuche ist das kaum zu stemmen.”  bereits über den Teamkollegen des Seglers Luca Schneider erzählt. Gemeinsam segeln die beiden nun seit knapp 2 Jahren rund um den Globus und verfolgen große Träume. Durch die derzeitige Situation müssen sie einige Pläne über Bord werfen. Luca erzählt uns wie er zu seiner großen Leidenschaft gekommen ist und wie er mit der derzeitigen Situation ohne Segeln umgeht.

Ein Schnupperkurs im Yacht Club Radolfzell am Bodensee war der Anfang. Mit sieben Jahren fing Luca Schneider Feuer für das Segeln. Zwar war er auch begeisterter und erfolgreicher Kletterer, doch das Wasser konnte ihm im Laufe der Jahre mehr Leidenschaft abgewinnen. 2015 verschrieb er sein Leben deshalb ganz dem Segeln. “Ich war wann immer ich konnte auf dem Wasser”, erzählt Luca.

Angefangen hat er wie jeder andere auch ganz klein. “Die ersten acht Jahre war ich definitiv nicht der Beste”, erinnert er sich. “Das änderte sich allerdings drastisch, als ich dank meines Trainings die ersten großen Erfolge einfahren konnte.” Darunter waren der zweite Platz bei der Internationalen deutschen Meisterschaft 2017, das Erreichen des Kaderstatus durch seinen 5. Platz an der Junioren Weltmeisterschaft der olympischen Bootsklassen (JoWM) in Marseille und 2018 schaffte er es in die Top 6 seiner Altersklasse bei der JoWM in Risor in Norwegen. “Für mich persönlich war die JoWM in Risor das positivste Ereignis in meiner bisherigen Laufbahn”, sagt Luca.

Der Weg zu diesem Erfolg war aber nicht immer leicht. Eine Knieverletzung beispielsweise setzte ihn drei Monate außer Gefecht. “Auch die Entscheidung zwischen dem Segeln und Klettern war für mich nicht ganz einfach. Im Klettern konnte ich bis zu dem Zeitpunkt an dem ich mich auf das Segeln spezialisierte auch einige Erfolge feiern. Beispielsweise wurde ich 2016 Schweizer Bouldermeister.”, so Luca. Letztendlich konnte er aber durch die Spezialisierung auf das Segeln diesen Weg professionalisieren.

Seit Mitte 2018 ist er nun in einem Team mit Lukas Hesse. Ihr nächstes Ziel haben sie fest im Blick: eine Medaille bei der Junioren Weltmeisterschaft in Italien am Comer See. “Dafür kaufen wir auch ein neues Boot, um alle Trümpfe auf unserer Seite zu haben”, erklärt Luca.  “Auch ein spezielles Vortraining, um das Revier kennen zu lernen, haben wir bereits hinter uns.” Langfristig ist ihr Ziel, zu den Olympischen Spielen zu fahren und dort eine Medaille zu gewinnen. Auf dem Weg dahin steht für sie auch ein World Cup Sieg und eine generelle Einreihung in die Top 25 der besten Segler der Welt auf dem Plan.

Lukas und Luca - German Sailing Team
Lukas und Luca bei der Arbeit an ihrem Boot / Foto: Till-Jonas Gerngroß

Parallel zum Segeln studiert Luca genauso wie sein Teamkollege Lukas. “Für mich ist das Studium aber etwas, das nebenher läuft, denn im Vordergrund steht klar meine Trainingszeit”, gibt der Sportler zu. Um dennoch die beiden Komponenten aufeinander abzustimmen, ist Luca nach Kiel umgezogen. Dort wohnt er nun am Olympia-Stützpunkt und studiert gleichzeitig an der FH in Kiel.

“Es ist von vornherein klar gewesen, dass ich einige Präsenzzeiten nicht einhalten kann und demnach das Studium länger dauern wird. Natürlich bedeutet das einige Gespräche mit den Professoren, um bei Fehlzeiten an Material zum Üben zu kommen oder spätere Abgabetermine zu bekommen. Trotzdem bin ich zufrieden, dass ich neben meinem Sport der absolut im Fokus ist, noch etwas nebenher aufbauen kann.”

Der Umzug an den Olympiastützpunkt war für Luca ein großer Schritt, um seinen Sport trotz Studium intensiv und professionell ausüben zu können. Ein typischer Tag in Kiel beginnt für ihn in der Regel in der Früh mit einer Runde Laufen oder Lernen in der Prüfungszeit. Danach geht es in die Hochschule und je nach Stundenplan mittags oder abends ins Fitness Studio. Anschließend steht noch einmal lernen auf dem Plan. Auch das Essen ist durchgeplant. “Ich zum Beispiel muss mich so ernähren, dass ich abnehme ohne Muskelmasse zu verlieren”, erklärt Luca. Dann nimmt auch die Sponsorenarbeit einige Zeit in Anspruch und je nach Tag auch die Organisation von Trainingslagern: wie kommen die Boote hin? Wer fährt den Transport? Wer zahlt die Hafengebühren und dergleichen? Im Trainingslager ist der Ablauf sehr ähnlich, außer dass die Zeit in der Hochschule durch Zeit auf dem Wasser ersetzt wird. Hinzu kommt auch noch die Instandhaltung des Bootes sowie der Auf- und Abbau bei Ende und Beginn eines Trainingslagers.

Neben Zeit kostet das ganze aber natürlich auch Geld. “Der Verband unterstützt uns in Transport und Logistik, heißt wir bekommen ein Auto und Trailer um zu unseren Trainingsorten zu gelangen, das wird vom Verband gezahlt”, berichtet Luca. “Dazu wird auch der Trainer bezahlt und wir bekommen eine Tages- und Nachtgeldpauschale.” Allerdings ist die Instandhaltung des Bootes und die Anschaffung des neuesten Materials das Kostspieligste. Ein komplettes Boot mit allem, was man braucht, kostet immerhin um die 30.000 Euro. Um diese Kosten stemmen zu können, benötigen die jungen Segler Sponsoren. “Die zu finden ist aber nicht einfach, weil Segeln eine Randsportart ist und in den Medien nicht wirklich populär”, erzählt Luca genauso wie sein Teamkollege Lukas Hesse bereits. “Wir können einem Sponsor nicht so viel an Bekanntheit bieten wie zum Beispiel ein Fußball-, Handball- oder Basketball-Team.” Ein Sponsor müsse sich sehr für ihre Sportart begeistern und genau ihre spezielle Zielgruppe ansprechen wollen mit seinem Produkt. “So einen Sponsor zu finden ist leider sehr schwer und fordert viel Geduld.”

Geduld braucht es auch in der aktuellen Corona-Krise. “Unser Trainer arbeitet auf Hochtouren daran, unseren Trainingsplan an die gegebenen Umstände anzupassen”, erklärt der Segler. “Das hat auch dazu geführt, dass wir vorzeitig aus Mallorca abreisen mussten und versuchen, unser Training in Kiel fortzuführen.” Allerdings wurde ihnen auch dort die Möglichkeit, aufs Wasser zu gehen, verwehrt. “Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als unser Training an Land fortzuführen und anzupassen sowie jederzeit bereit zu sein, wieder aufs Wasser zu kommen.” Denn Wettkämpfe wird es leider in naher Zukunft erstmal nicht geben. Natürlich bringt das genauso wie bei allen anderen Sportlern einige Pläne durcheinander und wie es weitergeht kann niemand sagen. “Aber wir sind voller Zuversicht, trotzdem unseren nächsten Ziel-Wettkampf, wo auch immer er sein wird, mit vollem Einsatz zu bestreiten.”

“Trotzdem sind wir Segler und wollen aufs Wasser. Dort fühlen wir uns wohl.” 

Bild auf der Startseite: Till-Jonas Gerngroß

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Autor

louisa

Autorin und Mitgründerin von Athlet.one

Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!