Sabrina Cakmakli ist die einzige professionelle Freestyle-Ski-Athletin in Deutschland in der Halfpipe. Im Interview erzählt sie uns von ihrem Leben in einem Sport, der üblicherweise von Männern dominiert wird, und wie sie dazu kam, diesen außergewöhnlichen Sportweg einzuschlagen.
“Ich bin in einer sehr wintersportbegeisterten Familie aufgewachsen und wurde mit zwei Jahren das erste Mal auf die Ski gestellt. Als ich sieben war, bin ich aufs Snowboard umgestiegen. Nach etwa acht Jahren Snowboard fahren ging es zurück auf die Ski und zugleich auf meine ersten Freestyle-Ski. Dabei hat sich das langsam entwickelt und mit sechzehn wusste ich, dass es mein größter Traum ist, diesen Sport professionell auszuüben.”
Freestyle-Ski unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht davon, was sich die meisten unter Ski vorstellen und fasst mehrere Disziplinen unter einem Dach zusammen. Auch unter dem Namen “Trickskifahren” bekannt, ist die Sportart eine Sache für sich, die großes Können und Konzentration erfordert. Für Sabrina Cakmakli ist Freestyle genau das richtige.
“Am meisten faszinieren mich die Freiheiten in unserem Sport, die uns unendlich kreativ sein lassen, und wie sich unser Sport immer extremer weiterentwickelt. Manchmal denk ich mir selbst, ‘kann es überhaupt noch eine Steigerung geben irgendwann’. Hinzu ist unsere Community sehr familiär und wir sind alle super gute Freunde untereinander, was es auch sehr einzigartig macht.“
Ihre spezifische Disziplin, die besser als Halfpipe bekannt ist, ist besonders um Tricks aufgebaut. Punkte werden verteilt, je nachdem wie dramatisch, schwierig und aufwändig die Sprünge sind, ähnlich wie beim Skaten. Jedoch ist ihre Disziplin in Deutschland nicht sehr weit verbreitet.
“Wir müssen allgemein immer sehr viel und weit reisen um überhaupt trainieren zu können, denn eine Halfpipe gibt es in Deutschland nicht. Im Winter verbringen wir viel Zeit in Amerika und in der Schweiz, im Sommer geht es eigentlich jedes Jahr nach Neuseeland. Dort herrschen in unseren Sommermonaten super Bedingungen und es ist eine tolle Basis für die Wintersaison, wenn man die Monate zuvor schon auf Schnee trainieren konnte. Und wenn wir nicht auf Schnee sind, versuche ich so oft es geht auf dem Trampolin zu trainieren. Nebenbei darf natürlich das ganz klassische Konditionstraining nicht vernachlässigt werden, um unseren Körper fit zu halten.”
Auch im Anbetracht der Tatsache, dass Halfpipe in Deutschland nicht zu den populärsten Disziplinen gehört, ist Sabrina in einer Liga für sich. Sie ist die einzige Frau aus Deutschland, die in ihrer Form von Freestyle-Ski professionell antritt.
“Ja leider bin ich die einzige deutsche Athletin in der Halfpipe, was natürlich die Teamsituation oftmals sehr schwierig gestaltet. Die letzten Jahre konnte ich mich dem Schweizer-Team anschließen, das war eine gute Lösung für mich. Und ja, auch dort bin ich ausschließlich mit Männern unterwegs, also Mädels, wir brauchen Verstärkung!”
Trotz allem Training lief über den Verlauf von Sabrina’s Karriere nicht immer alles glatt, wie sie uns im Interview berichtet. Ihr Sport ist immerhin ein Extremsport, der besonders viel Wert auf dramatische und komplexe Sprünge legt.
“Wenn ich zurückblicke, hatte ich definitiv einige Rückschläge mit Verletzungen und auch Momente, in denen ich nicht mehr daran geglaubt habe, dass ich wieder auf hohem Niveau Freeski fahren kann. Ich hatte drei Kreuzbandrisse, einen davon hab ich mir 2013 bei dem ersten Quali-Wettkampf für Olympia 2014 zugezogen. Damit war ich mir sicher, dass ich es nicht mehr schaffen werde, mich für die Spiele zu qualifizieren. Jedoch verlief meine Reha sehr gut und ich stand nach fünf Monaten wieder auf den Ski. Etwa 12 Monate später war ich dann in Sochi bei den Olympischen Spielen! Diesen Weg dorthin werde ich nie vergessen.”
Verletzungen wie diese können natürlich schwer vermieden werden. Bei Freestyle-Ski handelt es sich einfach um eine gefährliche Sportart, schon allein, weil sie gefährliche Sprünge provoziert, eine Tatsache, mit der auch Sabrina sich immer wieder im Konflikt findet.
“Ja es ist natürlich schwierig die Risiken immer ganz zu unterdrücken, vor allem wenn man schon einige Verletzungen hinter sich hat. Damit kämpfe ich persönlich auch immer am meisten. Jedoch hat man auch ein gewisses Selbstbewusstsein bei den Sprüngen. Wir arbeiten täglich daran und bauen die Elemente schrittweise auf. Man muss auf seinen Körper vertrauen können und ein starkes Team hinter sich haben, um die möglichen Gefahren ausschalten zu können.”
Und dieses Team hat Sabrina. Dank ihren Leistungen und denen ihrer Kollegen, ist ihr in 2014 das große Ziel eines jeden Sportlers gelungen, die Teilnahme bei Olympia.
“Die Teilnahme an den Olympischen Spielen waren ein einzigartiges und unglaubliches Erlebnis. Vor allem meine ersten Spiele in Sochi 2014 waren etwas ganz besonderes. Bei einer Sportveranstaltung dabei sein zu dürfen, die auf der ganzen Welt verfolgt wird und alle Athleten aus unterschiedlichen Sportarten vereint. Das ist schon eine Mega-Erfahrung!”
Natürlich heißt ein solches Ziel zu erreichen nicht, sich zufrieden zu geben und es kommen immer weitere neue Ziele und Träume dazu. Doch besonders in gefährlichen Sportarten ist ein zweites Standbein, auf das man zurückfallen kann, nie unklug. Für Sabrina gibt es sogar zwei.
“Neben dem Sport habe ich vor ein paar Monaten mein Bachelorstudium abgeschlossen und möchte gerne anschließend noch einen Master draufsetzen. Darüber hinaus bin ich als Sportsoldatin in der Sportfördergruppe der Bundeswehr angestellt, wie auch viele andere Athleten. Was genau ich nach meiner Karriere machen will, weiß ich noch nicht aber ich kann mir gut vorstellen, dass es in irgendeiner Art und Weise in die Richtung Sport geht.”
Wir wünschen Sabrina auf ihrem Pfad nur das Beste. Als einzige weibliche deutsche Vertreterin ihrer Disziplin spielt sie eine wichtige Rolle darin, anderen jungen Frauen beim Sprung in neue Disziplinen zu helfen. Man kann nur hoffen, dass wir in einigen Jahren an dem Punkt sind, an dem auch ein gesamtes deutsches Frauen-Halfpipe-Team bei Wettbewerben gemeinsam antreten kann.
Foto Startseite: Markus Rohrbacher
Autor
louisa
Autorin und Mitgründerin von Athlet.one
Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung im Spitzensport hat Louisa De Bellis den Durchblick in der Welt der Athlet:innen. Als ambitionierte Handballerin ist sie in der deutschen Sportlandschaft bestens vernetzt, führt Interviews mit Sportler:innen und teilt ihre Expertise auf Athlet.one!